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September 15, 2012

Für alle nicht-Facebookler (ja die gibt es auch noch) kommen ab jetzt auch meine Facebook-Kritiken hier her. Das Format unterscheidet sich von den bisherigen Kritiken in Länge und Sprache.

Die Kategorie bleibt weiterhin “Filmkritiken”, aber das Format des Titels wird signalisieren, dass es sich dabei um eine [FB]-Kritik handelt.

Norman ist fasziniert von den Toten. Seine Zahnbürste, sowie seine Hauspantoffeln und so ziemlich alles in seinem Zimmer ist Zombie-themed und die meisten Abende bringt er mit dem Ansehen von schlechten Horrorfilmen zu, gemeinsam mit seiner toten Großmutter.

Moment, was? Ach ja richtig, Norman hat die seltsame Eigenschaft, dass er die Toten sehen kann. Nicht alle davon, aber zumindest jene geplagten Seelen, die auf der Erde noch etwas zu erledigen hatten bevor sie das Zeitliche segneten und nun, von diesem unerledigten Task getrieben, in der ewigen Zwischenwelt der Geister festhängen. Normans Familie hat sein eigenartiges Verhalten zwar zur Kenntnis genommen, weigert sich jedoch – so wie der Rest des kleinen Dorfs das Norman sein zu Hause nennt – die Visionen ihres Jungen ernst zu nehmen.

Eines Tages passiert jedoch etwas, das selbst der an abnormale Geschehnisse gewöhnte Norman komisch findet: Sein verrückter Onkel taucht plötzlich auf und warnt ihn vor dem Fluch einer Hexe, der die Toten erwecken und die Welt ins Unglück stürzen wird. Zuerst tut Norman es als die Spinnerei eines alten Mannes ab, doch nachdem ihn dessen Geist auf dem Klo heimsucht macht er sich auf die Suche nach dem Grab der Hexe, um sich dem Schrecken zu stellen.

Auch wenn die Story anfangs mehr wie eine aufgekochte Version von Monster House (2006) klingt, merkt man doch schon in den ersten Minuten des Films, dass hier sehr viel Herz am Werk war. Der Plastilin-Animationsfilm ist bis zum Rand voll mit liebevollen Details und Anspielungen auf das Horror-Genre. Dazu kommt, dass hier nicht altbewährte Animationsideen wieder aufgewärmt werden, sondern mit neuen Darstellungsmöglichkeiten experimentiert wird. Dazu sei hier der Trailer des Filmes angeführt, der ein paar Beispiele dieser Ideen aufzeigt.

Manch einer wird sich dabei vielleicht an Coraline (2009) erinnert fühlen, ein ähnlich düsterer Plastilin-Film, der durch liebevolle Animationen und tolle Charaktere herausstach. Diese Verwandtschaft kommt nicht von ungefähr, denn das selbe Studio (LAIKA) steckt hinter den beiden Streifen.

Ein weiterer großer Pluspunkt, der im Trailer gar nicht vorkommt ist die geschickt verbaute Gesellschaftskritik. Und dieser Punkt kommt wirklich nicht zu knapp, denn angefangen bei Normans Schwester, die dem Stereotyp einer pubertierenden, hormongesteuerten Teenagerin entspricht, bis hin zu der Tatsache, dass in diesem Film nicht die Menschen von den Untoten, sondern die lebenden Toten von den lebenden Lebenden gejagt werden, nimmt ParaNorman viele Probleme unserer Gesellschaft aufs Korn. Die Masse kommt dabei nicht gut weg, sondern wird als leicht zu manipulierender Pulk dargestellt, der lieber bei dem bleibt was er kennt und keinen Platz für Neues hat.

ParaNorman ist nicht das, was man erwartet und genau das macht ihn so gut. Ein unscheinbarer Film von dem kaum jemand gehört hat, doch wenn man einmal im Kino (oder vor einem anderen Bildschirm sitzt) kann man sich nur noch in Normans Welt verlieren und diesen intelligenten Film geniessen.

ParaNorman (Chris Butler & Sam Fell, 2012)

Es ist inzwischen einige Tage her seit ich “Magnolia” gesehen habe, doch ich bin immer noch begeistert.

Der Film beginnt damit, anhand dreier Beispiele zu beschrieben, dass mehr oder weniger glückliche Zufälle jeden Tag geschehen. Dieses Intro ist gleichzeitig die Rechtfertigung und Selbstkritik des Films, so als wolle der Regisseur sagen: “Was hier auf euch zukommt ist vielleicht etwas weit hergeholt, aber es HÄTTE ja tatsächlich so passieren können.”

Denn die Geschichte von “Magnolia” spielt zwar in dem alltäglichen Rahmen eines Abends im San Fernando Valley, doch die Zusammenhänge zwischen den zahlreichen Charakteren und ihren individuellen Geschichten sind alles andere als alltäglich.

Trotz der Vielzahl an Figuren sei hier ein Überblick über das Geschehen gegeben:

Der kleine Stanley (Jeremy Blackman), von seinem Vater zum lebenden Lexikon trainiert, tritt in einer Wissensshow an.

Der langjährige Moderator der Show (Philip Baker Hall) hat mit einem Krebsgeschwür zu kämpfen.

Seine entfremdete, koksende Tocher Claudia (Melora Walters) kommt in Kontakt mit dem gutmütigen und freundlichen Polizisten Jim (John C. Reilly).

Der frühere Star der Wissensshow, Donnie (William H. Macy) hält sich gerade so über Wasser und sucht sein Glück in einer Bar.

Phil (Philip Seymour Hoffman) ist der Krankenpfleger des Millionärs Earl (Jason Robards), dessen Frau Linda sich von dem ihr zustehenden Erbe trennen will.

Schließlich ist da noch Frank (Tom Cruise), der als Motivationscoach hunderten Männern beibringt wie sie am besten zum Schuss kommen können.

Wie diese Ganzen Geschichten am Ende ineinandergreifen sei hier natürlich noch nicht verraten. Ich war von dem großartigen Drehbuch begeistert, das eine wunderbar menschliche Geschichte erzählt. Die Schauspieler unterstützten das Opus Magnum des Regisseurs Paul Thomas Anderson (“There Will Be Blood”) wunderbar authentisch. Anderson sagte nach der Fertigstellung des Films, dass “Magnolia” wohl oder übel der beste Film sei den er jemals machen werde, eine Aussage der ich zu hundert Prozent zustimme.

Ich möchte meine erste “große” Filmkritik mit einem Lied aus dem unvergleichlichen Score beenden. “Save Me”, das speziell für den Film von Aimee Mann geschrieben und eingespielt wurde ist eines der drei einprägsamen Titel des Scores (die anderen sind “One” und “Wise Up”, ebenfalls von Aimee Mann).

Magnolia (Paul Thomas Anderson, 1999)